Reminiszenzen an Weimar: Literarischer Spaziergang zum Geburtstag August von Kotzebues
📅 Samstag, 3. Mai 2025
🕑 Beginn: 14 Uhr
📍 Treffpunkt: Studienzentrum HAAB
🎙 Jens Riederer – Anna Ananieva – Rolf Haaser
🏛 Veranstalter: Stadtarchiv Weimar
Zum 264. Geburtstag des Dramatikers und Schriftstellers August von Kotzebue (1761–1819) laden wir zu einem literarischen Spaziergang ein, der dessen Kindheits- und Jugenderinnerungen in seiner Geburtsstadt Weimar nachspürt. Kotzebue, 1761 im sogenannten „Gelben Schloss“ geboren, wuchs in einer von geistigem Leben geprägten Umgebung auf, bevor er 1781 nach Russland auswanderte und zu einem der meistgespielten Bühnenautoren Europas wurde.
In ausgewählten autobiografischen Texten lässt Kotzebue Weimar als Topografie frühkindlicher, knabenhafter und jugendlicher Prägungen lebendig werden: Die ersten Lektüreerfahrungen, das überwältigende Erlebnis eines Theaterabends in der Reitbahn oder das andächtige wie auch widerspenstige Verharren in der Schlosskirche zeugen von der frühen ästhetischen Empfänglichkeit des jungen Autors. Ebenso berührend ist seine Erinnerung an die Mutter, die ihren Kindern durch gemeinsames Lesen den Zugang zur Literatur eröffnete.
Besonders prägend für den jungen Kotzebue war sein familiäres und schulisches Umfeld: Johann Karl August Musäus, sein Onkel und Lehrer, unterrichtete ihn am Weimarer Wilhelm-Ernst-Gymnasium und war über die Schwester von Kotzebues Mutter mit der Familie verbunden. Der Spaziergang schließt daher bewusst das Musäushaus mit ein, das als symbolischer wie biografischer Startpunkt für Kotzebues literarische Bildung steht.
Auszüge aus Kotzebues autobiographischen Schriften begleiten den Weg und lassen das Weimar des späten 18. Jahrhunderts aus der Perspektive eines heranwachsenden, später europaweit gefeierten Autors wieder aufleben. Die Erinnerungen umkreisen authentische Orte im Kern seiner Heimatstadt und verknüpfen persönliche Anekdoten mit literatur- und kulturhistorischen Zusammenhängen.
Stationen des Spaziergangs: Innenhof des Gelben Schloss (Studienzentrum der HAAB), Alte Reithalle, Schlosskirche, Musäushaus (Kegelplatz 4,), Wohnhaus (Schlossgasse 6), Studienzentrum der HAAB.
Reminiscences of Weimar – A Literary Walk in Celebration of August von Kotzebue’s Birthday
To mark the 264th anniversary of August von Kotzebue’s birth, a literary walk through the heart of Weimar will take place on Saturday, 3 May 2025, exploring the author’s early memories and formative experiences in the city of his childhood. Organised by the Weimar City Archives, the event is open to the public and offers a unique opportunity to engage with Kotzebue’s autobiographical writings in the historical locations they recall.
The walk follows selected passages from Kotzebue’s self-reflective texts, focusing on episodes that trace his emotional, intellectual, and theatrical awakening. From his mother’s reading sessions and early encounters with books, to the overwhelming experience of a first theatre performance in the Reithalle, and the quiet rebellion during Sunday sermons in the Schlosskirche – these scenes speak vividly of a precocious and sensitive boy growing up amidst Weimar’s intellectual milieu.
A key figure in this early development was Johann Karl August Musäus – Kotzebue’s maternal uncle, teacher at the Wilhelm-Ernst-Gymnasium, and himself a noted author and satirist. The route of the walk includes the Musäus House on Kegelplatz and continues through six key stations, each closely tied to Kotzebue’s memories and literary identity:
Gelbes Schloss (HAAB), Alte Reithalle, Schlosskirche, Musäushaus, the Kotzebue family residence, and finally, the courtyard of the Studienzentrum, where the event concludes informally over coffee at Samocca.
The event will feature readings and commentary by Jens Riederer, Rolf Haaser, and Anna Ananieva.
It begins at 2 p.m. in the courtyard of the Herzogin Anna Amalia Bibliothek (HAAB). Duration: approx. 90 minutes. Participation is free of charge.
Leseprobe: August von Kotzebue “Mein literärischer Lebenslauf”. Aus: Die jüngsten Kinder meiner Laune. Bd. 6. Leipzig 1796, S. 128-129.
“Hervor ihr Zauberbilder meiner frohen Kindheit. Die Erinnerung an euch ist kaum noch mit meinem Ich verwandt. Hervor umgauckelt mich, ihr hoden Schatten! – Guter Gott! laß aus dem Meere der Vergangenheit jene süßen Stunden noch einmal, wie ein dünner Nebel, vor meinen Blicken emporsteigen! – Da stehe ich und schaue den Strom hinab, immer weiter und weiter führt er meine Blumen, bis sie fern auf dem Rücken einer Welle noch einmal schimmern, ehe sie untertauchen und verschwinden.
Hasche diesen letzten Schimmer! – siehst du den Knaben, der mit starrem Auge an dem Munde seiner Mutter hängt, wenn sie an Winterabenden ihm und seiner Schwester ein gutes
Buch vorliest? – Das warst du! – siehst du ihn dort wieder, wie er den Stuhl zum Tische macht, und die Fußbank zum Stuhle? wie er gierig an einem Romane schmaust, indessen Ball und Steckenpferd in Winkeln zerstreut liegen? – Das warst du! –
Meine gute Mutter – Gott sey Dank! sie lebt noch! sie hört meinen Dank noch! –
Meine gute Mutter entsagte, als eine noch sehr junge Wittwe, manchem Reiz und manchem Genuß des Lebens, um sich ganz für die Bildung ihrer Kinder aufzuopfern. Sie besaß Geschmack, Belesenheit, zartes Gefühl, und einen reichen Schatz von duldender Mutterliebe; mit diesen Eigenschaften konnte sie ihren Zweck nicht ganz verfehlen.”
OpenEdition schlägt Ihnen vor, diesen Beitrag wie folgt zu zitieren:
Anna Ananieva (24. April 2025). Reminiszenzen an Weimar: Literarischer Spaziergang zum Geburtstag August von Kotzebues. Kotzebue International. Abgerufen am 20. Mai 2025 von https://doi.org/10.58079/13swf